Du kennst diese Momente sicher: Du bist mit deinem Kind im Supermarkt, plötzlich fließen die Tränen, die kleinen Fäuste sind geballt und du fühlst dich überwältigt von der Intensität der Emotionen, die vor dir explodieren. Willkommen in der Trotzphase – einer Zeit, die uns Eltern manchmal an unsere Grenzen bringt, aber auch eine der wertvollsten Phasen in der Entwicklung deines Kindes ist.
Dieser Leitfaden möchte dir helfen, zu verstehen, welche Entwicklung dein Kind gerade durchmacht, warum diese Phase so wichtig ist und wie du dein Kind liebevoll und gelassen begleiten kannst.
Inhaltsverzeichnis
Um die heftigen Trotz-Momente besser zu verstehen, ist ein Blick in die Entwicklungspsychologie hilfreich:
Wenn ein Baby geboren wird, erlebt es sich zunächst als Einheit mit der Mutter. Erst nach etwa sechs Monaten beginnt das Kind, sich als eigenes Wesen wahrzunehmen. Rund um das zweite Lebensjahr entwickelt es dann ein deutliches Ich-Bewusstsein. Das ist ein großer Schritt – sowohl für dein Kind als auch für dich.
Dein Kind entdeckt jetzt voller Neugier die Welt auf seine eigene Weise. Es erkennt, dass es eine eigene Persönlichkeit mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen hat. Dieser Meilenstein in der Reifung geht oft mit extremem Trotzverhalten einher.
In der Entwicklungspsychologie wird diese Zeit als Autonomiephase bezeichnet, was die negative Konnotation des „Trotzes“ vermeidet und den wichtigen Entwicklungsschritt, den ein Kind hier vollzieht, betont.
Die Trotz- oder Autonomiephase tritt meist zwischen dem zweiten und vierten Lebensjahr auf und kann bis ins Vorschulalter andauern.
In der Autonomiephase ist dein Kind in ein Wechselbad der Gefühle geworfen: Auf der einen Seite macht es die wunderbare Entdeckung, ein eigenständiges Wesen zu sein und entdeckt täglich viel Neues. Auf der anderen Seite wird es mit zahlreichen Begrenzungen konfrontiert:
Das Wechselbad der Empfindungen und die Begrenzungen lösen oft überschießende Frustration und Wut im Kind aus. Es reagiert dann aus Sicht der Erwachsenen überzogen, lässt sich in solchen Situationen nicht ohne weiteres aus seiner Gefühlswelt herausholen und ist dann manchmal kaum noch ansprechbar. Doch dein Kind ist in diesen Momenten weder "böse" noch "ungezogen" – es weiß nur einfach nicht, wie es seine Gefühle auf eine andere Weise ausdrücken soll.
Es ist wichtig zu verstehen, dass das Trotzverhalten zur kindlichen Entwicklung dazu gehört – jedes Kind macht sie in unterschiedlicher Ausprägung durch.
Dein Kind testet jetzt seine Grenzen, um seine eigene Identität zu finden. Es entwickelt allmählich Strategien, um mit Frustrationen und negativen Gefühlen umzugehen. Eure Reaktionen als Eltern sind dabei wichtige Orientierungspunkte.
Die Autonomiephase markiert den Beginn der Selbstständigkeit deines Kindes und ist ein entscheidender Meilenstein in seiner emotionalen, sozialen und Persönlichkeits-Entwicklung. Dein Kind erlebt, dass es ein eigenständiges Wesen ist, das mehr ist als nur ein Teil von dir. Es entwickelt nun alle wichtigen Fähigkeiten, um später selbstbewusst und unabhängig zu sein.
In dieser fordernden Phase braucht dein Kind deine Unterstützung, um seine Emotionen zu verstehen und zu bewältigen. Es lernt, dass Gefühle wie Wut und Frustration zum Leben dazugehören und vorübergehen. Wichtig ist, dass dein Kind spürt, dass es bedingungslos geliebt wird – auch in stürmischen Momenten.
Es gibt einige Strategien, die dir helfen, diese Phase gelassener zu meistern und den Raum für die kindlichen Emotionen offen zu halten:
Die Trotzphase ist eine Herausforderung und sie ist anstrengend, aber sie ist auch eine Zeit, in der du viel über dich selbst als Elternteil lernst.
Es gibt keine perfekte Lösung oder den einen richtigen Weg – du wirst Fehler machen, aber das gehört dazu. Wichtig ist, dass du deinem Kind immer wieder zeigst, dass es geliebt und angenommen wird, egal wie wild die Gefühle gerade sind.
Lass dich nicht entmutigen von den emotionalen Ausbrüchen. Sieh sie stattdessen als das, was sie sind: Zeichen der gesunden Entwicklung deines Kindes. Es wird aus dieser Phase gestärkt, selbstbewusster und mit einem besseren Verständnis für seine Emotionen hervorgehen. Die enge, vertrauensvolle Beziehung, die ihr während dieser Zeit aufbaut, wird euch für immer begleiten.
Hab also Geduld mit dir und deinem Kind. Es wird Tage geben, an denen alles gut läuft, und andere, an denen du dich erschöpft fühlst. Aber sei gewiss: Du bist die beste Mama oder der beste Papa für dein Kind – und du machst das großartig!
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